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30 Jahre auf Zeitreise - Teil 1 - Die Anfänge 1994 - 1999

Viele kennen mich als historischen Berater für Film, Fernsehen, Theater, aber auch Veranstaltungen. Zudem bis ich in verschiedenen Epochen, mal militärisch, mal Zivil unterwegs, aber auch als Sammler von historischen Kleidern, Uniformen und alltäglichem. Im kommenden Juni vor 30 Jahren habe mal klein angefangen. Deshalb nehme ich Sie heute mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit die weit weniger weit geht, als was Ihr von mir gewohnt seit - An die Anfänge meiner ersten Erfahrungen im Reenactment, als vieles noch anders war. Zurück ins Jahr 1994, als Analog-Fotografie noch das Mass aller Dinge war und es kein Internet gab. 


1994 - Vor dem Zeitreisen

Im Januar wird Otto Stich erneut zum Bundespräsidenten der Schweiz gewählt, ein historischer Moment für das Land. Die Britische Rheinarmee wird feierlich aufgelöst, während Teile ihrer Streitkräfte unter dem Namen British Forces Germany weiterhin in Deutschland stationiert bleiben. Die Festnahme von Arno Funke, der zuvor als der anonyme Kaufhauserpresser "Dagobert" Schlagzeilen machte, markiert das Ende eines der längstdauernden Erpressungsfälle in Deutschland und sorgt für Erleichterung im Land. Ebenfalls im Januar wird Nelson Mandela zum ersten schwarzafrkanischen Präsidenten Südafrikas vereidigt, ein historischer Meilenstein in der Geschichte des Landes und ein Symbol des Wandels und der Versöhnung. Und schliesslich unterzeichnen Russland und die Europäische Union ein umfangreiches Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, das die Beziehungen zwischen den beiden Regionen stärken und vertiefen wird.

Damals wohnte ich gemeinsam mit meinem Bruder in der Strassburgerallee 109 in Basel im vierten Stock. Wir teilten uns eine 3-Zimmer-Wohnung. Ich war gerade zarte 21 Jahre alt und hatte bereits im Vorjahr meine Lehre als Modellbauer abgeschlossen, sowie die Rekrutenschule in Chamblon bei den Panzerjägern erfolgreich absolviert.

Seit dem Tod meiner Tante Bertha im Jahr 1991, die mir so viel von ihren Erlebnissen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg erzählt hatte, vertiefte ich mein Wissen durch das Lesen von Büchern, vorwiegend zum Thema des Zweiten Weltkriegs. Leider hatte ich kaum die Möglichkeit, mich mit anderen Gleichgesinnten auszutauschen, da meine Freunde und Kollegen nur wenig Interesse an diesem Thema zeigten. Im Zusammenhang mit diesem Interesse hatte ich bereits vor und während meiner Lehre als Modellbauer eine beträchtliche Anzahl von Modellbausätzen zum Thema bearbeitet und Dioramas gebaut

Während der Berichterstattung zum 50. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 sah ich an einem Abend eine Sendung über Personen aus Frankreich, die in Originaluniformen an Gedenkveranstaltungen teilnahmen und teilweise Landeunternehmen nachstellten. Man nannte diese Art von Geschichte im Beitrag Reenactment. Ein Wort, das mir so nicht geläufig war. Die Sendung drehte sich zwar nicht explizit um dieses Hobby, aber es wurde offensichtlich, dass noch tragbare, originale Uniformen und Ausrüstungen aus dieser Zeit erhalten waren und anlässlich des Jahrestags in der Normandie getragen wurden.

Am nächsten Tag sprach ich mit meinem Vater darüber, da ich von einem ehemaligen Schulkameraden von ihm wusste, der dieser einen Jeep besass, Uniformen sammelte und bei der Sanität Basel arbeitete. Zwei Tage später war der Kontakt hergestellt und wir sassen im Keller eines Einfamilienhauses in Oberwil, welcher aussah wie ein Museum mit lauter aufgestellten Puppen mit Uniformen, Waffen und Zubehör. Ein Paar Stunden später war mein erster Trip in die Normandie geplant und ich konnte kurzfristig Ferien beziehen. 


1994 - 1. Normandie Trip

Am 1. Juni 1994 ging es los. Da ich zu dieser Zeit noch keine eigene Ausrüstung und Uniform besass, wurde mir ein grünes Panzerkombi mit Mütze zur Verfügung gestellt. Die komplette Uniform konnte man damals noch nicht einfach im Netz kaufen, also musste ich auf das Einkleiden warten, bis wir in der Normandie waren.

 

Die Reise von Basel in die Normandie sollte drei Tage dauern und über Land gehen. Der Konvoi von etwa 30 Fahrzeugen aus der Schweiz und der elsässischen Sektion der "Federation Francais des Groupes de Conservation de Vehicule Militaires" (kurz MVCG) kam vor allem am ersten Tag aufgrund von Pannen an den wenig bewegten Militär-Oldtimern kaum vorwärts. Am ärgerlichsten war es für einen Sammler aus der Schweiz. Er hatte seinen Jeep gerade noch rechtzeitig für die Reise fertiggestellt. Kurz nach Basel lief der Motor jedoch nicht mehr auf allen Zylindern. Nach mehr als einer Stunde erfolgloser Fehlersuche wurde keine Lösung gefunden. Man entschied kurzerhand, in die Schweiz zurückzufahren und dort einen Dodge Ambulance zu nehmen und die Nummer des Jeeps an dem anzubringen, um damit in die Normandie fahren zu können. Nach der Rückkehr in die Schweiz nach dem Trip  stellte sich heraus, dass lediglich die Zündung verstellt war. Sehr ärgerlich für den Besitzer des Jeeps.

Für mich als 21-Jährigen war es eine tolle Erfahrung, auch wenn ich zu dieser Zeit kaum etwas über das Hobby wusste. Die Mitglieder des MVCG trugen zwar historische Uniformen und Ausrüstungen, waren jedoch hauptsächlich Fahrzeugsammler und Liebhaber, keine Reenactoren. Sie sahen sich auch nicht als solche, bzw. den meisten war der Begriff unbekannt. Als Neuling spielte das Ganze für mich noch keine Rolle. Ich kannte ja noch nichts anderes. Auch sonst wurde Authentizität nicht grossgeschrieben. Gegessen wurde meist aus nicht zeitgenössischen Tellern und anderem Geschirr. Modernes Material zu verstecken kannte man nicht, und es störte soweit auch niemanden.

 

 

 

 

 

Abendessen irgendwo im Frankreich in der ersten Nacht des Trips in die Normandie im innern einer Dodge Ambulance. 

Pause am Strassenrand. Durch die grosse Anzahl an Fahrzeugen die sich dem Convoy angeschlossen hatten, kam es immer wieder zu verzögerungen wegen Pannen und Fahrzeugen, die auf der Route sich verfahren hatten. Navigationsgeräte gab es 1994 noch keine.

Am Samstag, den 3. Juni 1994, erreichten wir das Basislager in Sully, nordwestlich von Bayeux, in dem es nur so von Fahrzeugen und Zelten wimmelte. Im Zentrum sollte ein grosses 4 Mater zelt zu stehen kommen für 30 Personen, die darin übernachten sollten. Effektiv schliefen aber nur 3 Mitgieder darin, da viele ihre eigenen Zelte mitgebracht hatten. Nach dem Aufbau des Lagers ging es ans Einkleiden. Bei einem Händler in der Scheune auf dem Gelände wurde ich eingekleidet. Für rund 700,00 CHF konnte ich mir eine komplett originale US-Infanterieuniform kaufen, mit Senfhose, Hemd, M41-Jacke, Service Boots, Gamaschen, Overseas Cap, M1-Helm, Pistol Belt M36 mit Feldflasche und Verbandspaket. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, was das Material heute wert wäre. Im Laufe der Woche besuchte ich immer mal wieder den Shop und kaufte mir einen britischen Brodiehelm Mk2 mit Tarnnetz von 1941 für 40 Franc, damalige 10,00 CHF.

Meine Wenigkeit als US GI vor der Parade durch Bayeux am 6. Juni 1994.

  

Am 3. Juni wurde mittels Tieflader dieser Sherman Panzer M4 zum Camp gebracht. Zum ersten mal sah ich eine  der bekannten Panzer der Alliierten Truppen live. Im Camp wurde erzählt, dass der Panzer während des Krieges im Einsatz stand und von unterschiedlichen Waffen beschossen wurde, weshalb so viele kleinere Einschüsse zu sehen waren. 

Am 5. Juni ging es nach Sainte-Mère-Église, wo ausserhalb ein grösserer Fallschirmabsprung stattfand. Dazu wurde extra die Autobahn gesperrt und als Parkplatz verwendet.

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Der Höhepunkt der Woche war wohl die Teilnahme an der Parade zum Jubiläum der Befreiung de Stadt am 6. Juni in Bayeux. Leider kann ich mich nicht mehr ganz erinnern wieviele Fahrzeuge daran teilnahmen, wir fuhren jedoch eine ganze Weile an am Strassenrand abgestellten Fahrzeugen vorbei, bis wir schlussendlich an unserem Platz angekommen waren. Während wir auch den Start der Parade warteten wurden wir in ein Mehrfamilienhaus eingeladen um Wein zu trinken und Käse zu essen. Das Angebot nahmen wir gerne ein, da es doch fast 2 Stunden ging, bis wir ebdlich losfahren konnten.Obschon Bayeux die erste befreite französsische Stadt am D-Day war, rollten an der Parade mehrheitlich US Fahrzeuge. Teile der 50th Northumbrian Divison, vom Strandabschitt kommend hatten Bayeux am 7. Juni 1944 befreit. Die Strassen waren gesäumt von tausenden von Zuschauern und das vorankommen ging nur sehr langsam voran. 

Zeitreise Teil 1_22Der Rest des Tages sowie des Folgetages mussten wir leider im Lager bleiben. Wegen der vielen Staatsbesuche und offiziellen Feierlichkeiten waren ganze Strandabschnitte und Gebiete grossflächig abgesperrt worden und ein Durchkommen war nicht möglich. 

Dafür wurde am 7. Juni im Lager Sully nachgestellte Szenen für eine französische Dokumenation zum D-Day gedreht, zu welcher sich auch Jean-Paul Belmondo gesellte. Die Teilnehmer in Airborne Uniformen mussten den ganzen Vormittag auf einer im Lager vorgegebenen Route im Kres laufen.

Links: Jean-Paul Belmondo am Dreh im Camp Sully. Rechts: Meine Wenigkeit in meiner ersten Uniform eins US GI.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Am 8. Juni ging es nach Ranville zur damals noch originalen Pegasusbrücke. Trotzt Feierlichkeiten hatte es kaum Besucher vor Ort. Das heutige Museum gab es damals noch nicht. Danach ging es weiter nach Ouistreham, wo wir das Bunkermuseum der Ortschaft besuchten, und weiter in die andere Richtung, zum ehemligen künstlichen Hafen von Arromanches-les-Bains und nach Port-en-Bessin im Abschnitt Omaha, wo ein neu eröffnetes Museum Panzer der US-Truppen ausgestellt hatte, die bei der Landung gesunken waren und nun nach 50 Jahren gehoben wurden.

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Links - Pegasusubridge bei Ranville. Rechts - Arromanches-les-Bains - Überreste des künstlichen Hafens, welche aus sogennanten Mulberrys bestanden. Die 50. britische Infanteriedivision, die dort am 6. Juni landete, eroberte Arromanches noch am selben Abend. Am nächsten Tag begann der Bau, indem alte Schiffe versenkt wurden, um eine Hafenmole zu bilden. Am 14. Juni war die erste schwimmende Strasse einsatzbereit. Insgesamt gelangten bis zur Schliessung am 19. November 1944 529.000 Tonnen Material durch Arromanches. Es war eine bemerkenswerte technologische Leistung, die sich im Rückblick als unnötig und sehr kostspielig erwies. Die Alliierten schafften es, mehr Männer, Fahrzeuge und Güter über eine Reihe kleiner Normandiehäfen und sogar direkt an den Stränden zu landen.

Vor der Rückfahrt konnten wir doch an den Landeabschnitt Omaha fahren. Am 9. Juni ging es früh los. Ziel war Colleville-sur-Mer. Der US-amerikanische Friedhof oberhalb von Strandabschnitt Omaha (Sektoren Fox Green und Easy Red) ist die letzte Ruhestätte von 9.386 gefallenen US-Soldaten. Schon am 8. Juni 1944 wurde dort der erste Friedhof angelegt. Von dort aus fuhren wir weiter zum Pointe du Hoc und danach nach La Cambe auf den Deutschen Friedhof, auf dem 21.160 gefallene deutsche Soldaten liegen.

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Vor allem die beiden Friedhöfe waren sehr eindrucksvoll und hatten einen sehr grossen Einfluss auf meine weiteren Tätigkeiten und meine Einstellung zum Hobby. Der Grossteil der dort liegenden Gefallenen war kaum älter als ich zu der Zeit. Auf dem deutschen Friedhof lagen zudem viele, die keine 20 Jahre alt waren. Ich konnte mir kaum vorstellen, was all diese Gefallenen, aber auch die Überlebenden durchgemacht haben. Deshalb kann ich bis heute nicht verstehen, weshalb man aus Gedenkveranstaltungen eine Gaudi machen muss. Wer eine historische Uniform trägt, hat eine Verantwortung gegenüber der Geschichte und sollte die Darstellung mit Würde tun, im Gedenken an die jungen Menschen auf der ganzen Welt, die für die Freiheit und den Frieden gekämpft haben. Diese Einstellung sollte mir in den kommenden Jahren immer mal wieder Probleme mit anderen Darstellern bereiten. 

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Nach der Rückkehr verschlang ich eine ganze Menge Literatur. Ich wollte dringend mehr über Uniformen und Ausrüstungen der Alliierten Truppen in Erfahrung bringen. Neben den US-Uniformen hatten es mir vor allem die britischen Uniformen angetan. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für englische Geschichte. In dieser Zeit lernte ich auch Roger kennen, der britische Uniformen sammelte. Er war schon eine Weile in der Szene und war mit einer englischen Gruppe Namen "Victory Association " ebenfalls in der Normandie. 

Mit seiner Hilfe suchte ich nach und nach eine britische Uniform und Ausrüstung zusammen. Als Lieferanten dienten hauptsächlich Kontakte zu anderen Sammlern und Verbindungen aus dem Militaria-Magazin aus Frankreich. So kam es auch vor, dass wir beide um Mitternacht am Basel SBB in einen TGV nach Paris bestiegen, um dort in verschiedenen Militariashops einzukaufen. Paris war zu der Zeit ein Mekka für Sammler. Es gab dort eine ganze Fülle an Militariashops, welche allerlei an den Sammler versichten zu bringen. Es war unwahrscheinlich was es alles zu kaufen gab. Gegen 15 Uhr bestiegen wiederum, mit einem vollgepackten Seesack, den TGV nach Basel. Viele der damalig gekauften Teile sind heute noch in meinem Besitz und Teil meiner Sammlung.

 

Eine der damals gekauften Battle Dress Jacken der Durham Light Infantry sollte der Grundstein für die aktuell älteste in der Schweiz aktive 2. Weltkriegs Reenactment Gruppe werden. Die 6th Bn. Durham Light Infantry reenactment Group Switzerland.

 

 



Gedenkveranstaltungen Winter 1994

Zuhause stapelten sich in der Zwischenzeit immer mehr Uniformen und Ausrüstungen. Da mein Bruder inzwischen ausgezogen war, hatte ich eine Dreizimmerwohnung ganz für mich alleine, was mir ermöglichte, mein eigenes kleines Museum aufzubauen.

Teile meiner in den ersten 2 Jahren entstandenen Sammlung an britsichen Uniformen aus dem 2. Weltkrieg.

Im Verlauf des Spätsommers bis Frühling 94/95 fanden fast an jedem Wochenende Gedenkfeierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Befreiung des Elsass statt. Als Mitglied des MVCG erlebte ich eine unglaubliche Zeit mit vielen Veteranen und beeindruckenden Erlebnissen. Bei den Feierlichkeiten im August 1994 in der grenznahen Stadt St. Louis war auch Piper Bill Millin anwesend.


Bill Millin war der Dudelsackspieler von Lord Lovat in der 1st Special Service Brigade und landete am D-Day (Sword Beach). In "Der längste Tag" spielte er sich selbst. Die 1. Special Service Brigade war eine von mehreren spezialisierten Einheiten, die mit amphibischen und raiderischen Operationen betraut waren. Sie bestand aus verschiedenen Kommando-Einheiten, darunter das No. 3 Commando, No. 4 Commando, No. 6 Commando, No. 10 (Inter-Allied) Commando und andere. Vor Ort konnte man auch sein kurz vor dem 50. Jahrestag erschienenes Buch kaufen, das er dort auch signierte. Er signierte auch eine Denison Smock (Tarnjacke der britischen Luftlandetruppen), die sich heute noch in meinem Besitz befindet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Piper Bill Millin an den Feierlichkeiten in St. Louis im August 1994 

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Weitere Feierlichkeiten fanden statt in Brunstatt-Didenheim, St. Louis, Dannemarie, Altkirch, Wittenheim, Thann/Cernay, Soultz-Haut-Rhin, Guebwiller, Colmar, Schlettstadt, um einige zu nennen. Teilweise wurde vor Ort übernachtet, teilweise fuhren wir über Nacht zurück in die Schweiz, um am darauffolgenden Tag an einen anderen Ort zu fahren.

  

Im Verlauf des Winters gab es zwischen den Schweizern und den Franzosen des MVCG immer wieder Diskussionen über die Darstellung der verschiedenen Einheiten. Obwohl die Einheit der 79th ID, die wir als Schweizer trugen, im Elsass gekämpft hatte, waren die Elsässer der Meinung, dass wir auch die Abzeichen der französischen Marineinfanterie tragen sollten. Im Dezember 1994, als meine erste britische Uniform komplett war, trugen Roger und ich bei einer Veranstaltungen des MVCG diese. Das gefiel den Franzosen noch weniger, weshalb wir uns schliesslich auf die Darstellung von Commandos beschränkten. Die französischen Commandos wurden 1944 von den Briten ausgebildet und trugen dieselben Uniformen und Ausrüstungen. Wir hatten bei den Feierlichkeiten von St. Louis zuvor schon einmal britische Airborn-Uniformen getragen und wurden wegen des Tarnmusters der Falschirmjägerjacke für Deutsche Truppen gehalten. 

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Roger und ich als britische Commandos an einer Gedenkfeier im grenznahen Elsass im Winter 1994 / 95. 



Bastogne 1994

Ein weiterer Höhepunkt im Jahr 1994 sollte meine erste Reise Mitte Dezember nach Bastogne sein. Unter dem Decknamen "Wacht am Rhein" begann am 16. Dezember 1944 die deutsche Ardennenoffensive. 

Am 18. Dezember 1944, zu Beginn des Angriffs, überwältigte das Aufklärungsbataillon die 116. Panzerdivision "Windhund" den amerikanischen Widerstand südlich des Dorfes Houffalize, nahe der Luxemburgischen Grenze. Sie wollten die strategisch wichtigen Brücken über den Fluss Ourthe erobern, bevor sie von den Alliierten gesprengt werden konnten. Probleme mit der Treibstoffversorgung und immense Verkehrsprobleme auf den Strassen um Dasburg führten jedoch zu Verzögerungen beim Hauptangriff.

Am Abend war die Division bereit, nach Westen Richtung Houffalize vorzustossen, wobei die Stadt anschliessend kampflos eingenommen wurde. Zwischen dem 20. Dezember 1944 und dem 16. Januar 1945 blieb Houffalize unter deutscher Kontrolle. Alliierte Bomber griffen Houffalize mehrmals an, um ihre Versorgungslinie zu unterbrechen, aber leider wurden dabei 189 belgische Zivilisten getötet und etwa 350 Häuser zerstört. Die erste und dritte amerikanische Armee versuchten während ihrer Gegenoffensive, die sich zurückziehenden Deutschen in einer Zangenbewegung einzukreisen. Am 16. Januar 1945 trafen sich die amerikanischen Truppen bei Houffalize, aber der Grossteil der bedrohten deutschen Einheiten konnte der Falle entkommen.

Zusammen mit Urs, einem Sammler, der auch bei der Reise in die Normandie dabei war, und seinem Bruder fuhren wir in seinem Jeep Cherokee mit Anhänger, seiner WLA Harley und einer Kiste Red Bull am Donnerstagabend, den 15. Dezember, nach Belgien. Nach einer rund 5-stündigen Fahrt kamen wir nach Mitternacht in Bastogne an und mussten feststellen, dass wir anstelle des reservierten 3er Zimmers nur ein 2er Zimmer bekommen konnten. Nach einer engen und sehr unruhigen Nacht, da im ganzen Hotel gefeiert wurde, ging es am nächsten Tag früh raus. Es war eiskalt, jedoch blieb der Schnee aus, und es sah eher nach Herbst als nach Winter aus. Wir besuchten die damals noch wenig besuchten Orte rund um Bastogne, die heute jedem aus "Band of Brothers" bekannt sind.

Bereit für die erste Ausfahrt im Morgengrauen, Nebel und -5 C°. 

M5 Stuart Tank und M8 Greyhound auf der Strasse nach Houffalize. Wie damals trugen einige US Darsteller aus Bettlaken provisorische Wintertarnüberzüge. 

Warum auch immer hatte ich extra für die Reise eine Abwurfvorrichtung für Böller gebaut, um sie dort zu zünden. Diese funktionierte eigentlich gut, bis ein Böller nicht wegfliegen, sondern vor meiner Hand explodieren sollte, und ich einige Verbrennungen an der Hand erlitt. Es sollte das letzte Mal sein, dass ich so etwas für einen solchen benutzte. Rückblickend waren zwar nicht alle Teilnehmer perfekt gekleidet, da viele belgische Fahrzeugbesitzer wie schon vom MCVG bekannt eher Fahrzeugliebhaber und Sammler waren als historiche Darsteller. Die Beschaffung passender Stücke war nicht so einfach wie heute. Im Gegensatz zu heute gab es aus diessem Grund auch keine Teilnehmer mit Hipsterbärten und Sonnenbrillen, die nur auf Aufmerksamkeit aus waren und einfach mal dabei sein wollten.

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Am zweiten Tag hatte die Harley einen Defekt, den wir vor Ort nicht reparieren konnten, also schnappten wir uns kurzerhand einen Platz auf einem GMC Kipper, um mobil zu bleiben, auch wenn wir fast erfroren wären. 

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Panther Ausf. G - Der Houffalize-Panther, Turmnummer 111 (Hier noch mit der falschen Nummer 401), war der 17. Panther in dieses Typs, der die Werkstore der Daimler-Benz Werke in Berlin verliess. Er wurde zunächst im Sommer 1944 im Panzerregiment 24 (I./Pz.Regt.24) in der Normandie eingesetzt und entkam der Zerstörung im Kessel von Falaise mitte August. Im November 1944 wurde er dem Panzerregiment 16 (I./Pz.Regt.16) der 116. Panzerdivision übertragen. Zur Geschichte, wie der Panther ausser Gefecht gesetzt wurde, gibt es untersciedliche Darstelllungen. Die eine erzählt dabon, dass der Fahrer beim überqueren der Brücke zu weit nach rechts fuhr und der Panther zur Seite kippte. Andere, wahrscheinlich falsche Berichte legen nahe, dass eine Bombenexplosion diesen 45,5 Tonnen schweren Panzer in den Fluss Ourthe geworfen hätte. Da den Deutschen keine Panzer-Bergungsfahrzeuge zur Verfügung standen, liessen sie ihn im Fluss zurück. Erst drei Jahre später, bei der begrung des Panzers wurden die Überreste der Besatzung entdeckt. Sie waren ertrunken. In der Folge wurde beschlossen, diesen Panther-Panzer als Denkmal für alle, die in der Stadt Houffalize gestorben waren, zu verwenden. Die Auf dem Turm aufgemalte Nummer 401 ist zudem falsch. Rund drei Jahre vor deiser Aufnahmen brachen Teile des Fahrwekr zusammen, weshlab man den Panther auf Betonböcke stellen musste. Heute steht der Panther etwas weiter oben und wurden von 2017 bis 2022 äusserlich überarbeitet und repariert, sowie optisch in den Zustand von 1944 versetzt. 

Zeitreise Teil 1_7Zeitreise Teil 1_1

Sherman M4/A1 auf dem Weg nach Houffalize. Die Anzahl von schweren gapanzerten Fahrzeugen 1994 war überschaubar. Der Grossteil der anzutreffenden Fahrzeuge waaren Jeeps und Dodges, sowie GMC Trucks.

Zeitreise Teil 1_9Am späteren Nachmittag des 18. Dezember ging es zurück nach Basel. Am Zoll blieben wir dann prompt hängen, weil ein Grenzwächter die Papiere der Harley sehen wollte, und Urs hatte nur die Papiere seiner Suzuki GSX dabei, mit der er das Wechselkennzeichen teilte. Ob der Grenzwächter einfach nur einen schlechten Tag hatte oder der jüngeren Mitarbeiterin beeindrucken wollte, wussten wir nicht. Aber wir waren kurzzeitig gestrandet. Nach vielen Diskussionen gingen wir ins Büro, wo der uns angehaltene Grenzwächter seinem Kollegen den Auftrag gab, die Sachlage zu klären. Kaum war dieser wieder aus dem Büro, meinte der andere, wir sollten drüben einen Kaffee trinken und noch etwas warten, dann würden wir entlassen. Er schien sichtlich genervt von dem Auftrag des anderen zu sein. 10 Minuten später konnten wir unsere Reise fortsetzen. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ich am Zoll hängen bleiben sollte. Aber auch nicht das letzte mal sein, dass wir nach Bastogne fuhren. 

Teilnahmebescheinigung des BMVCG Indianhead vom 16. Dezember 1994.

 

 

 

 

 

 

 


1995 - Erste Schritte von Rost & Grünspan

Das allererste Bild mit mir in einer Schweizer Uniform der Ordonnanz 1940 im Hinterhof einer Liegenschaft an der Giornicostrasse in Basel.  Im Frühling 1995 hatte Roger die Idee, die Darstellung auf die Schweizer Armee des Zweiten Weltkrieges auszuweiten. Es gab zwar viele Militäroldtimersammler in der Schweiz, die jedoch meistens mit den Dingen herumfuhren, die sie während ihrer eigenen Militärzeit getragen hatten. Schweizer Uniformen aus den 1940er Jahren waren zu dieser Zeit relativ leicht zu bekommen. Bei Fragen konnte man auch in der Familie nachfragen, dachten wir damals. Später stellte sich jedoch heraus, dass Erinnerungen oft miteinander vermischt wurden. 

An Ostern 1995 trafen wir uns zu zweit im Jura zu einem ersten kleinen Fotoshooting mit Schweizer Uniformen zum Thema Grenzbesetzung. Während der Aufnahmen hatte es sogar angefangen zu schneien, was der ganzen Szenerie eine gewisse Authentizität verlieh, auch wenn noch nicht alles so perfekt war, wie wir es später gelebt hatten. An dem Wochenende beschlossen wir das ganze unter dem Namen "Rost & Grünspan" weiter voranzutreiben. Rost & Grünspan war ein Buch über die  Erinnerungen an den Aktivdienst 1939 - 1945 des Lyrikers Hans Schuhmacher. Darin beschrieb Schuhmacher, dass der grösste Feind des Schweizer Soldaten vor allem Rost & Grünspan der grösste Feind des Soldaten im 2. Weltkrieg war.

Links - Die erste von Roger entworfene und gezeichnete Etikette von "Rost und Grünspan" mit dem "alten Fritz. Die "Sentinelle des Rangiers" war eines im Jahr 1924 von Charles L'Eplattenier geschaffenes Soldatendenkmal. Essymbolisierte den Grenzschutz der Schweizer Armee während des Ersten Weltkriegs. Während des Jurakonflikts wurde das Denkmal mehrfach von jurassischen Separatisten angegriffen, da sie als Symbol für die Vorherrschaft des Kantons Bern im Jura angesehen wurde. Im Jahr 1989 wurde die Statue zerstört. Rechts - "Rost und Grünspan" 1995.

Der Rest des Jahres verlief veranstaltungsmässig relativ ruhig. Wenn dann war ich in der Uniform der Durham Light Infantry unterwegs. Ansonsten beschränkte mich darauf, weitere Exponate zu sammeln und zusammenzustellen. Gleichzeitig unternahm ich viel mit meiner damaligen Freundin, trainierte noch dreimal pro Woche beim FC Black Star und bestritt am Samstag oder Sonntag regelmässig ein Spiel. Ausserdem genoss ich es, gelegentlich mit meiner Kawasaki ZXR750 unterwegs zu sein.


1996 - 1. Convoy to Remember

Im Winter 95/96 begann das Spiel mit den Veranstaltungen im Elsass erneut, allerdings in einem viel kleineren Rahmen. Besonders die Ortschaften, die im Jahr zuvor keine Feierlichkeiten abgehalten hatten, holten dies nach. Darüber hinaus gab es interne Veranstaltungen im MVCG sowie Restaurierungstage für Oldtimer. Meine Sammlung war vor allem über den Winter weiter angewachsen. Ich war in der Zwischenzeit auch stolzer besitzer eines deaktivierten Bren LMG der britischen Streitkräfte, wie wie einer Thompson Mp, einers K98 und eine deaktivierten MP40, sowie vieler neuer Uniformen.

Vom 2. bis 4. August fand zum ersten Mal auf dem Hardwinkelhof in Birmenstorf AG der erste "Convoy to Remember" statt. Roger und ich hatten uns entschieden, dort mit britischen Uniformen der 52nd (Lowland) Infantry Division und meiner 6th Bn Durham Light Infantry teilzunehmen. Wir konnten mit einer Gruppe um Max die Strecke nach Birmenstorf unter die Räder nehmen und mit seinem Willys Jeep mitfahren. Vor Ort waren bereits eine Vielzahl von Militärfahrzeugen, meist schweizerischer Bauart und Modell. Vereinzelt gab es Willys Jeeps aus verschiedenen Baureihen, Kaiser Jeeps, Häflinger, Pinzgauer, Unimogs und ein paar wenige Dodges in verschiedenen Modellen. Sogar ein deutsches Kettengrad war vor Ort. GemössVeranstler sollten sich gegen 170 Fahrzeuge auf dem gelönde befunden haben. An Panzern wurden ein Panzer 68 und ein Centurion gezeigt. Nicht alle bauten Zelte auf, viele kamen nur als Tagesgäste. Während des Aufbaus unseres Zeltes wurden wir darauf hingewiesen, dass das Zeigen und Tragen von Waffen auf dem Gelände nicht erlaubt sei. So mussten wir kurzerhand unsere Waffen privat deponieren, was für uns soweit kein Problem darstellte.

 

Die meisten Fahrzeuge kamen auf eigener Achse an, während andere auf Lastwagen zum Gelände transportiert wurden. Ein niederländischer Teilnehmer legte sogar eine Strecke von siebzehn Stunden auf einem Tieflader zurück, um am "Convoy to Remember" teilzunehmen. Die Frage, ob der Convoy zu einer festen Tradition werden würde oder nicht, konnte Initiator Adrian Gerwer damals noch nicht beantworten. Heute wissen wir, dass es bis 2022 noch acht weitere Ausgaben geben sollte. Heinz Fröhlich, der damalige Redakteur der Aargauer Zeitung, formulierte es in seinem Artikel wie folgt: "Es war ein Treffen von Gleichgesinnten und eine respektvolle Hommage an die Militärgeschichte." Auch wenn wir das heute nicht mehr so sehen, war das damals anders.

Zeitreise Teil 1_3Wir fanden die Veranstaltung so, wie sie war, in Ordnung, und die meisten wahrscheinlich auch. Den Samstag verbrachten wir mit vielen Gesprächen auf dem Gelände, da wir doch mehr als nur ein wenig aufnahmen. Da die meisten, wie schon erwähnt, in zusammengestellten grünen Uniformen verschiedener Armeen herumliefen, waren wir die Einzigen, die in Zweiten-Weltkriegsuniformen unterwegs waren, inklusive voller Ausrüstung. So kam es, dass am 5. August 1996 der erste Artikel mit einem Bild von mir und Roger im Zusammenhang mit dem Hobby erschien.

Auch wenn uns das Wort "spielen" schon damals gestört hatte, waren wir doch stolz darauf explizit erwähnt geworden zu sein. Auch sonst kam unsere darstellung sehr gut an, da man das in dieser Art und weise bis anhin in der Schweiz kaum so kannte. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zeitreise Teil 1_2Am Sonntag, nach einer sehr lauten Nacht, kollidierten die Fahrzeuge ausserhalb des Geländes miteinander. Es sollte bis dato das längste Militär-Oldtimer-Defilee sein, das je in der Schweiz stattgefunden hatte. Mitfahren durften jedoch nur Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen. Das Aargauer Strassenverkehrsamt hatte keine Sonntagsfahrbewilligung erteilt. Die eindrucksvolle Parade führte über die A3, die zu der Zeit für den Verkehr noch nicht freigegeben war, bis nach Frick. Von dort aus ging es auf Nebenstrassen über Zeihen in Richtung der Ruine Schenkenberg, Thalheim, Staffelegg und Küttigen bis zum Gelände des Wildeneggischen Zementwerks.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Aus irgendeinem Grund gab es nach der Rundfahrt vor Ort leider eine Meinungsverschiedenheit zwischen Max und uns beiden, was uns dazu bewog, eine andere Rückfahrmöglichkeit zu suchen. Im Laufe der Veranstaltung hatten wir Sandra und Dani, ein Paar aus dem Entlebuch, kennengelernt. Sie waren Besitzer eines Kaiser CJ5 Jeep. Sie hatten sich kurzfristig bereit erklärt, uns nach Basel zurückzufahren. Mit Max brach dann der Kontakt für einige Zeit ab. Weitere Veranstaltungen fanden im laufenden Jahr keine mehr statt. 


1997 - Wachsende Reichweite

Für die eigene Dokumentation begannen wir als "Rost & Grünspan" damit, verschiedene Uniformen der Ordonnanzen von 1926 und 1875 um die Ruine Dorneck zu fotografieren. Für die Erweiterung unserer Sammlung war ich deshalb oft in Brockenhäusern unterwegs und fand dabei teilweise unglaubliche Stücke, wie den Nachlass eines Offiziers der Artillerie des Aktivdienstes, verteilt auf vier Offizierskisten. 

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Im Frühjahr 1997 begann ich meine Ausbildung zum Berufsfeuerwehrmann in Basel, was zur Folge hatte, dass ich meine Aktivitäten im Hobby vorübergehend etwas zurückstellen wollte. In der Zeit wurden Roger und ich als neue Mitglieder vom Artillerie-Verein Basel-Stadt zu einem Schiesswettkampf in Freiburg im Breisgau eingeladen. Dort sollten wir einen Teil der historischen Uniformen und Ausrüstungen vorführen. Aus der Einladungen ergaben sich in der Folge neue Möglichkeiten.

Zeitreise Teil 1_74Zeitreise Teil 1_24

Auch wenn sich das Hobby mehr und mehr zur Geschichte der Schweizer Armee verschob, blieb mir die Geschichte der Alliierten Truppen und deren Darstellung weiterhin am herzen. So wurde ich von Urs nach Schwarzhäusern an ein Oldtimertreffen eingeladen. Trotz der Convoys to Remember blieben Militäroldtimer an jenen Treffen meist aussen vor. Urs kannte den Veranstalter und bauten wir eines seiner Wall-Tents auf dem Teerplatz auf und erstellten ein kleines Display mit seinem Jeep und seiner WLA Harley. 

Kurze Zeit später rief mich auch Max an. Im Herbst war ein Treffen mit US-Veteranen der 79th Infantry Division in Hatten bei Strassburg geplant. Die 79th Infantry Division, auch bekannt als "Cross of Lorraine Division" oder "Lorraine Division," war eine US-amerikanische Infanteriedivision, die während des Zweiten Weltkriegs im Einsatz war. Die Division wurde am 15. Juni 1942 aktiviert und spielte eine wichtige Rolle in den Kämpfen ums Elsass. Die 79er Einheit wurde von der Schweizer Sektion des MVCG dargestellt. Max hatte in der Zwischenzeit seinen Fahrzeugpark um einen Jeep und einen Dodge aus dem Jahr 1954 erweitert und sich zusätzlich einen GMC CCKW 353 zugelegt. Da ich in der Feuerwehr mittlerweile die LKW-Fahrerlaubnis besass, sollte ich den GMC von Basel nach Strassburg fahren. Mein Beifahrer war Sandro, ein Mann in seinen 40ern und ein Freund von Max, der gerade erst in unser Hobby eingestiegen war.

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Max hegte zwar den Wunsch, mit seinem Jeep an der Reise teilzunehmen, musste jedoch kurz vor der Grenze umkehren, da er unerwartet auf seinen damaligen Vorgesetzten traf. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als Max aufgrund seiner Krankmeldung nicht im Geschäft arbeiten konnte. Weiterhin begleiteten uns Urs, sein Bruder, Thomas und Peter, letzterer war bereits bei der Normandie und vielen Veranstaltungen im Elsass dabei gewesen. Nach einer rund 2,5-stündigen Fahrt mit dem GMC im Konvoi erreichten wir schliesslich unser Ziel ausserhalb von Strassburg. Die Fahrt auf der Autobahn war so laut, dass es vor Ort eine Weile dauerte, bis ich wieder normal hören konnte. Im Laufe des Abends stiessen immer mehr Fahrzeuge des MVCG Est zu uns. Der Empfang der Veteranen sollte am nächsten Morgen, also am Sonntag, stattfinden.

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Rund 2 Dutzend Veteranen und ihre Frauen kamen im Laufe des Morgens in der Anlage an. Es war ein herzlicher Empfang, der leider aufgrund des engen Programms der Veteranen nur etwa 2 Stunden dauerte. Die Kommunikation untereinander war nicht ganz so einfach, da viele Franzosen kein Englisch konnten und die Veteranen kein Französisch sprachen. Die beiden begleitenden Dolmetscher hatten alle Hände voll zu tun. Nach den Erinnerungsfotos gings wieder zurück in die Schweiz. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

Als Rost & Grünspan versuchten wir, weitere Möglichkeiten zu finden, um unser Hobby zu beleben. So sollte der jeweils am 4. Dezember stattfindende Barbarettag dazu genutzt werden, dies zu tun. Im Jahr zuvor waren Roger und ich als Gäste in Uniformen des Aktivdienstes zum Barbarasalut des Artillerievereins eingeladen, bei dem mit einer 1906er 7,5cm Feldkanone am St. Johann 23 Salutschüsse abgefeuert wurden. Die Geschützbesatzung, bestehend aus 3-4 Mann, trug dabei den TAZ90.

Nach viel Überzeugungsarbeit konnten wir den Verein dazu bewegen, uns die Besatzung stellen zu lassen und den Salut in Uniformen des Aktivdienstes durchzuführen, einschliesslich der dazugehörigen Befehle und Abläufe. So kam es dazu, dass sich am frühen Nachmittag des 4. Dezmeber 1997 6 Mann in grauen Unforken der Ord. 1926 im Innenhof des zeughaus Basel zum ersten Drill mit der Feldkanone getroffen haben. Mit dabei der Instruktor des Artillerie-verein Basel-Stadt. Es ging relativ rasch, bis die Hangriffe sassen und wir bereit waren für den ersten Einsatz am Abend vor geladenen Gästen.

Vormittags waren Roger und ich noch im Kindernheim am Lindenberg, Barbaraweggen vorbeizubringen. Die Barbara Weggen ist eine Kanoniertradition von historischer Bedeutung. Dieser Brauch hat seine Wurzeln im Jahr 1798, als französische Besatzungstruppen unter General Schauenburg einen blutigen Volksaufstand im Kanton Nidwalden niederschlugen. Damals wurde die Schweiz unter der Regie des revolutionären Frankreichs einer neuen Ordnung unterworfen, was besonders bei den Urkantonen Widerstand hervorrief. Die Nidwaldner waren bereit, sich mit Waffen gegen die Aufhebung ihrer alten Machtstrukturen zu verteidigen. Die französischen Truppen wurden gegen sie mobilisiert, und nach einem halben Tag des Widerstands mussten die Rebellen der Übermacht weichen. Eine wütenden französische Soldaten brachten Tod und Verwüstung in die Täler.

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Drei Kaufleute in Luzern wollten helfen, die Not der Waisen zu lindern. Diese Herren hatten einst, wie viele Schweizer damals, in der Armee des französischen Königs gedient, insbesondere als Artilleristen während des französischen Feldzugs auf Korsika 1768-1769. Unter der Führung ihrer Geistlichen widersetzten sich die Korsen der Fremdherrschaft durch die französische Krone im Bergland. König Ludwig XV. liess den Aufstand durch seine Truppen, darunter auch Schweizerregimenter, niederschlagen. Mit dem Ende der französischen Herrschaft geriet auch der Barbaraweggen in Vergessenheit. Fast hundert Jahre lang schlummerte die Tradition, bis zur Grenzbesetzung 1914-1918.

Ein Wachtmeister der Feldartillerie griff 1916 die Idee erneut auf. In einer Feldbäckerei liessen die Artilleristen Brötchen backen, die durch den Verkauf von Soldatenmarken finanziert wurden. Am Barbaratag verteilten sie die Weggli an die Kinder des Dorfes, in dem die Batterie untergebracht war. Während des Aktivdienstes von 1939-1945 erlebte der Barbaraweggen seine Wiedergeburt. Wehrmänner der Bäckerkompanie 4 begannen, süsse Weggli ausserhalb ihres Dienstes zu backen. Diese Brötchen wurden am Abend des 4. Dezembers von Kanonieren einer Gebirgsbatterie an die Jugend der Kantonnementsgemeinden verteilt und fanden grossen Anklang. Zum letzten Mal wurde der Weggen im Jahr 1944 ausgegen. 

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Gegen 19:00 Uhr war dann der erste grosse Auftritt von Rost & Grünspan. Mit einem Hoch auf Barbara und auch die Artillerie wurde der letzte von 23 Schüssen aus der Feldkanone abgefeuert. Danach ging es für die Gäste in den St. Johannsturm in die Barbaratsube des Artillerievereins, während wir uns noch abrüstungsbereit machen mussten. Es sollte der Anfang einer Reihe von zwei Traditionen werden, die fast 20 Jahre bestehen sollten.

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1998 - Erste Aufträge von Museen

Obschon meine Sammlung stetig vergrössert wurde, blieben vor allem die Anlässe in alliierten Uniformen bis auf weiteres aus. So konzentrierte ich mich vorab auf die Geschichte der Schweizer Armee des Zweiten Weltkrieges und nach dem glücklichen Kauf verschiedener Uniformen der Ordonnanz 1898, auch aus dem Ersten Weltkrieg. So konnten wir im Frühling das erste Mal eine Fotoserie mit eben diesen Uniformen machen, wobei uns noch der eine oder andere Fehler unterlaufen ist.

Auch wenn es eine Vielzahl von Uniformensammlern in der Schweiz gab, hatten nicht alle ein fundiertes Wissen. So wurde auch mal ein Tornister (Haaraffe) von 1875 aus weissem Kuhfell schon mal als Wintertarnversion verkauft, was natürlich Unsinn war, oder man gab Uniformen Namen, die es gemäss Reglement gar nicht gab, wie zm Beispiel die Vetterliuniform, die aus der Zeit stammte, als der Schweizer Soldat noch Vetterligewehre im Einsatz hatte. Waffen zu beschaffen war zu dieser Zeit prinzipiell keine Sache, da das damalige Waffengesetz zum einen noch viel liberaler war und vor allem kantonal geregelt wurde. In Basel brauchte man schon für den Erwerb in einem Waffengeschäft einen Erwerbsschein. In Baselland nicht. Jedoch waren viele Waffen wesentlich teurer als heute, vor allem Schweizer Karabiner 31 wurden gut und gerne, je nach Zustand, ab 500.00 bis 650.00 gehandelt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

Durch unsere Tätigkeiten wurden rasch auch Museen auf uns aufmerksam, und wir wurden von der Sammlung der Schweizer Armee (Armeemuseum), dem Vorgänger der heutigen "Stiftung Historisches Material der Schweizer Armee", kontaktiert. Die Stiftung Historisches Material der Schweizer Armee ist eine Organisation, die sich auf die Sammlung und den Erhalt historischer Materialien und Artefakte im Zusammenhang mit der Schweizer Armee konzentriert. Ihre Hauptaufgaben umfassen die Dokumentation, Restaurierung und Präsentation von militärischem Material aus verschiedenen Epochen der Schweizer Militärgeschichte.

Im Rahmen der jährlichen Gant in Thun, bei der ausgediente Fahrzeuge der Schweizer Armee versteigert wurden, hatte man uns für den 22. April gebucht, um die dort präsentierten historischen Stücke der Sammlung zu beleben. Die Veranstaltung fand jeweils an einem Mittwoch statt, und da wir bereits am Dienstagabend anreisen mussten, um am Mittwoch um 05:30 Uhr auf dem Gelände zu sein, wurden wir in der Kaserne untergebracht.

Als sich die Tore des Gant-Geländes jeweils um 07:00 Uhr öffneten, strömten die Besucher hinein, als gäbe es kein Morgen. Es wurde gedrängelt und gehetzt, schnell in die Halle geschaut wie ein scheues Reh und dann ging es weiter. Hatte sich ein Interessent für ein Fahrzeug entschieden, wurde es besetzt und fast darin gewohnt, bis es zur Versteigerung aufgerufen wurde. Es war als Zuschauer ein herrliches Schauspiel. Wie bereits erwähnt, konzentrierten wir uns auf die Darstellung und hatten verschiedene Waffensysteme wie eine Tankbüchse zur Ausbildung zur Verfügung. Gegen 16 Uhr war dann Schluss für uns, und wir fuhren wieder nach Hause.

Am Sonntag darauf ging es dann schon wieder in die selbe Richtung. Wir hatten vom General-Guisan-Marsch erfahren, der seit mehreren Jahren zu Ehren des letzten Generals der Schweizer Armee in Spiez stattfand. Dabei konnte man Strecken zwischen 10, 20, 30 und 50 km durch das wunderschöne Berner Oberland wählen. Wir entschieden uns für den 20-km-Marsch von Spiez nach Faulensee nach Aeschi und zurück nach Spiez.

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Zu sechst machten wir uns auf den Weg mit Nagelschuhen und der Gefechtspackung des Aktivdienstes. Bis auf einen Anstieg kurz vor Aeschi ging es recht flott vorwärts. Der kleine Anstieg wurde kurzerhand "Killerhill" benannt. Bis auf ein paar Blasen an den Füssen kamen alle unbeschadet ans Ziel und holten sich die Marschauszeichnung ab. Der Marsch blieb bis zu seinem Ende im Jahr 2018 im festen Programm von Rost & Grünspan.

Das Ende der 90er Jahre stand ganz im Zeichen der Entstehung von historischen Gruppen. So wurden wir ebenfalls eingeladen, Teil der "Compagnie 1861" zu werden. Der erste Anlass in Uniform und Ausrüstung war eine Herausforderung, da sie zuerst nicht tragbar waren. Gleiches galt für das Käppi. Als Tornister wurden die Tornister der späteren Ordonnanzen verwendet und mit einer Mantelrolle ergänzt. Um dem originalen Tornister optisch etwas näher zu kommen, hatte ich die Ledereinfassung des Felles mit schwarzer Lederfarbe bemalt und das Fell mit schwarzer Haartönung dunkler gefärbt. Auch die Mantelrollen aus erster und zweiter Serie stammten von mir. Dabei konnte ich vor allem in der ersten Serie alten Matratzenstoff in Weiss-Blau organisieren, der optisch dem Original am nächsten kam.

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Angeführt wurde die "Compagnie 1861" durch Billy, einen US-Amerikaner, der seit vielen Jahren in der Schweiz war und grosse Erfahrung mit Reenactment des Sezessionskrieges hatte. Die heterogene Gruppe bestand aus einer Vielzahl von Personen mit unterschiedlichem historischem Hintergrund. Darunter gehörtengrösstenteils Sammler, welche mit dem Reenactment wenig zu tun hatten. Das war auch der Grund, weshalb der Wille zur Verbesserungen teilweise gegensätzlich war, war es nicht immer einfach machte. Viele Mitglieder bevorzugten die Teilnahme an Umzügen und das Übernehmen repräsentativer Aufgaben an Anlässen. 

Durch die Zusammenarbeit und Mitgliedschaft im Artillerie-Verein ergaben sich ausserdienstliche Tätigkeiten die mich mit einer Delegation im jahr 1998 nach Insbruck ans Tiroler Kaiserjägerschiessen führte. Das Kaiserjägerschiessen wurde 1982 von der Ortsgruppe Innsbruck des Tiroler Kaiserjägerbundes ins Leben gerufen und ist seitdem eine feste Grösse in ihren jährlichen Aktivitäten. Dieses Schiessturnier findet am historischen Bergisel in Innsbruck statt, einem Ort von historischer Bedeutung im Tiroler Freiheitskampf von 1809. Hier wurden Napoleons Truppen und seine Verbündeten erstmals von den Tirolern besiegt.

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Das Schiessen umfasst einen Mannschaftsbewerb, bei dem drei Schützen gleichzeitig liegend auf eine Entfernung von 100 m mit dem Sturmgewehr 77 schiessen. Dazu gibt es noch den Einzelwettbewerb auf die Ehrenscheibe, bei dem mit dem Gewehr Steyr M95 stehend auf 150 m geschossen wird. Der Gewinner erhält die Originalscheibe, die ein Motiv aus der Kaiserjägergeschichte zeigt. Das Bergisel beherbergt auch das Regimentsmuseum der Tiroler Kaiserjäger, das die Kämpfe von 1809 und die Geschichte der Tiroler Kaiserjäger bis zum Ersten Weltkrieg beleuchtet.

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Um Rost & Grünspan weiter bekannt zu machen, nahmen wir am 1. Juni 1998 am Pfingstmarkt in Breitenbach teil, bei dem wir verschiedene Exponate ausstellten. Meine damalige Freundin kam aus Breitenbach, und ihre Mutter, die zu dieser Zeit im Gemeinderat sass, konnte uns diesen Platz verschaffen. Während des ganzen Tages kamen immer wieder Besucher, die uns entweder Material vorbeibrachten oder uns ihre Adresse gaben, weil im Keller noch etwas herumliegen würde.

 

 

 

 

 

 

14 Tage später waren wir wiederum für das Armeemuseum unterwegs. Am 12. und 13. Juni fanden in Frauenfeld die Armeetage 98 statt. Diese Veranstaltung fand zuletzt im September des Jubiläumsjahres 1991 in Emmen statt und erfreute sich eines grossen Publikumserfolgs. Das Ziel der Armeetage besteht darin, die Bevölkerung mit den Aufgaben der Armee vertraut zu machen und zu zeigen, wie sie diese Aufgaben mit welchem Material erfüllt. 

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Am 1. August gings in der Folge mit der "Compagnie 1861" nach Zürich, wo der Zug im Rahmen des 1. August Umzuges teilnehmen durften und nehebn der Armee die Ehrenwache von Bundespräsident Kaspar Villiger stellen durften, welcher die Festansprache hielt. Im Innenhof des Landesmuseum wurde vor dem Umzug marschübrung abgehalten, was besser galng als gedacht.

Am 3. September waren wir ein weiteres Mal mit der "Compagnie 1861" unterwegs. Im Luftschutzbunker der Firma Schild in Luzern hatte Vater Wüest seine beachtliche Sammlung in ein Museum verwandelt. Zur Eröffnung kamen eine ganze Fülle an historischen Gruppen aus der Schweiz sowie verschiedene Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Getrübt wurde der Tag leider durch den Flugzeugabsturz des Swissair-Flug 111 vor Halifax, bei dem 215 Passagiere und 14 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. Teile der Gruppe wollten einen Trauerflor an der Schweizer Fahne, andere wollten das nicht, da dies nichts mit der Geschichte zu tun hätte. Schlussendlich entschied der Vorstand, dass es einen Trauerflor geben sollte. Die Basler Sektion war übrigens dafür.

Durch die mehr und mehr entstandenen Verknüpfungen von Personen aus verschiedenen Gruppen wurden wir für das Wochenende des 24. & 25. Oktober 1998 von einer Gruppe aus dem Bündnerland eingeladen, die sich dem Thema Südstaaten angenommen hatten. Da wir selbst keine passenden Uniformen besassen, waren wir mit unseren eigenen 1861er Ausführungen vor Ort. Um Rost & Grünspan weiterzuentwickeln und nicht nur mit der "Compagnie 1861" diese Ordonnanz zu zeigen, hatten wir mit geänderten Mänteln von 1875 eine 1861er Version hergestellt. 

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Für das Lager hatte uns Christian, der später auch ein Teil von Rost & Grünspan sein sollte, aus den USA weisse A-Zelte besorgt, und Rogers Bruder hatte uns das dazu passende Holz gefertigt. Auch wenn abends teilweise viel Alkohol getrunken wurde, war es ein tolles Wochenende, das uns viel Neues gebracht hatte. Nicht nur Bekanntschaften und spätere Freunde, mit denen wir heute noch etwas unternehmen, sondern auch in Bezug auf die Möglichkeiten einer Darstellung einer Epoche. Es war zudem für Roger und mich der Anfang einer weiteren Epoche, des Amerikanischen Bürger- bzw. Sezessionskrieges.

Zurück in Basel ging es gleich an die Organisation des Barbaratages, den wir weiter ausbauen wollten. Unser Ziel war es, Geld für das Kinderheim am Lindenberg zu sammeln. Wir planten, mit der Sammlung am Fischmarktbrunnen in Basel zu beginnen. Eine der Figuren am Brunnen zeigte die heilige Barbara mit einem Turm.

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Barbara von Nikomedien ist eine bekannte christliche Heilige aus dem 3. Jahrhundert. Sie war eine Jungfrau und Märtyrerin, die wegen ihres unbeirrten christlichen Glaubens und ihrer Jungfräulichkeit von ihrem eigenen Vater enthauptet wurde. Die heilige Barbara wird als Schutzpatronin der Artillerie verehrt und oft mit einer Kanone dargestellt. Dies symbolisiert die Hoffnung, dass die Artillerie ihre Ziele präzise trifft, ähnlich wie der Blitz, der Dioscuros traf. Die Verbindung zur Kanone unterstreicht ihre Bedeutung für diejenigen, die im Dienst der Artillerie stehen, und steht für Schutz und göttliche Führung.

Zu viert, mit unserer neuen Rost & Grünspan-Fahne, zogen wir dann zum Marktplatz und über die Freie Strasse zum Münster. Von dort nahmen wir die Fähre ins Kleinbasel, um das gesammelte Geld zu übergeben. Im ersten Jahr der Sammlung hatten wir innerhalb von 3 Stunden 650,00 CHF und 5€ gesammelt. Nach der Übergabe wurden wir zum Essen mit den Kindern eingeladen. Anfangs waren wir unsicher, wie unsere Uniformen in Basel ankommen würden, da Basel nicht gerade für seine Militärliebe bekannt war. Da unsere Uniformen jedoch aus der Ordonnanz von 1861 stammten, wurde dies wahrscheinlich im Allgemeinen als Folklore betrachtet. Die Passanten waren auf jeden Fall sehr interessiert.

Nach dem Mittagessen ging es dann schnell zurück, um sich umzuziehen und sich für den Barbarasalut bereitzumachen, der vom Artillerieverein Basel-Stadt veranstaltet wurde. In der Zwischenzeit waren wir schon zu siebt, und der Drill, den wir direkt im St. Johann durchgeführt hatten, war rasch eingespielt. Offenbar hatte sich herumgesprochen, dass der Salut mehr historische Tiefe bekommen hatte, denn plötzlich waren viel mehr Besucher da als im Jahr zuvor, und auch die ausländischen Gäste waren zahlreicher als zuvor.

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1999 - Volles Programm im In- und Ausland

Durch die Präsenz auf dem Pfingstmarkt des Vorjahres in Breitenbach ergab sich im Januar 1999 die Möglichkeit, im Eingangsbereich der Solothurner Kantonalbank eine Ausstellung über Schützen der Schweizer Armee zwischen 1852 und 1898 zu gestalten. Dazu konnten wir eine Vielzahl an Exponaten aus unserem privaten Fundus in einer Vitrine ausstellen. In der Folge ergaben sich weitere Kontakte zu Personen, die noch Material gelagert hatten und dieses gerne an uns abgaben.

Auch, die Zusammenarbeit mit dem Artillerie-Verein Basel-Stadt trug weitere Früchte. So stellten wir für die 107. Delegiertenversammlung des VSAV (Verband Schweizerischer Artillerievereine) die Ehrenwache.

Vor allem der Auftritt im Innenhof des Rathauses sollte unvergessen bleiben. Während im Rathaussaal die Delegiertenversammlung stattfand, hielten wir unsere Positionen im Innenhof und wurden von einer Vielzahl von Touristen fotografiert. Auf die Frage einer Touristin an einen Tourguide über unsere Uniformen und unsere Aufgaben ergab sich ein lustiges Gespräch, denn die Dame aus Fernost war der Meinung, dass unsere Garde zum Gesamtbild des Rathauses gehörte und immer dort stehen würde, wie man es auch vom Buckingham Palace in London kennt. Nach Beendigung der Delegiertenversammlung verschoben wir uns ins St. Johann, wo wir bewirtet wurden und noch einige Zeit blieben, um Fotos zu machen. Unser Einsatz war kurz danach erneut als Garde auf dem Steg zum Passagierschiff notwendig, als die Delegierten zum Mittagessen erschienen.

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In der Folge kehrten wir zu verschiedenen Veranstaltungen zurück, die in den kommenden Jahren zum festen Programm gehören sollten. Im April kehrten wir nach Spiez für den General Guisan-Marsch zuück, bei dem wir erneut 20 km zurücklegten. Dieses Mal marschierten wir nicht in Uniformen der Infanterie, sondern der Feldartillerie. Mitgelaufen waren auch zwei Mitglieder der "Compagnie 1861".

Ein Paar Tage später waren wir wie im Jahr zuvor ein teil der Gant in Thun für das Schweizer Armeemuseum. Das Schwergewicht der Ausstellung hiess Kommunikation. Auch an der Pfingstausstellung in Breitenbach nahmen wir wieder teil, sowie am Kaiserjägerschiessen in Innsbruck im Juni 1999.

Die ausserdienstlichen Tätigkeiten unter der Federführung des Artillerie-Vereins gaben mir weiterhin die Möglichkeit, Dienst zu tun. Im Rahmen meiner Anstellung bei der Berufsfeuerwehr wurde ich für den Militärdienst freigestellt. So reisten wir mit einer Delegation Ende August nach Brookwood in Surrey, GB, zur britischen Armee zur Army Operational Shooting Competition (AOSC), welcher der wichtigste Schiesswettbewerb der britischen Armee war und immer noch ist. An den drei Tagen auf dem Gelände der britischen Armee hatten wir die Möglichkeit, mit jeglichen Handfeuerwaffen der englischen Streitkräfte zu üben und zu schiessen. Man merkte schon, dass die britische Armee mehr Erfahrungen im Einsatz hatte.

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Die Übungen waren meist ganz anders, als das was wir aus der Schweiz gewphnt waren. Vor allem das Schiessen auf bewegliche Ziele urde bei uns nie geübt. Wir konnten an unterschiedlichen Wettkämpfen mit verschiedenen Waffen schiessen, wie dem L86 LSW (Light Support Weapon), SA80 Sturmgewehr, FN High Power alias L9A1 (Pistole) und Scharfschützengewehr L96A1 / Arctic Warfare. An einer Übung sollten wir sogar eine AK47 zusammenbauen, was so nicht ganz unsere Waffe war, bei der wir uns auskannte. Zu guter letzt waren wir dort erfolgreich, wo wir doch etwas Erfahrung hatten. Mit den Scharfschützengewehren und im Schiesskino (Video kannten wir von der Schweizerr Armee) holten wir jeweils Gold in der Gruppe.

 

 

 


Zeitreise Teil 1_4Am folgenden Wochenende reisten wir mit dem Auto nach Köln zur Bundeswehr. Ebenfalls zu einem internationalen Schiesswettkampf. Im Gegensatz zu Brookwood ging hier alles etwas langsamer vonstatten. Die Kaserne beim Flughafen Köln war recht heruntergekommen, und die ebenfalls vor Ort stationierten Belgier hatten kaum ein funktionierendes Panzerfahrzeug in der Kaserne herumstehen. Neben dem Programm für das Schützenabzeichen (Gold) der Bundeswehr habe ich im Laufe des Wochenendes auch das Pistolenabzeichen der belgischen Armee und das Schützenabzeichen der US Army mit dem M16 erfolgreich absolviert und verliehen bekommen.

 

 

 

 

 

Im darauffolgenden August fand der 2. Convoy to Remember in Birmenstorf statt, bei dem wir mit einer Sektion von Rost & Grünspan teilnahmen. Neben Infanterieausrüstungen der Aktivdienstzeit hatten wir einen improvisierten Ofen ins Gelände gebaut, in dem wir Backwaren backten und teilweise an die Zuschauer abgaben.

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Ich hatte eines meiner Schweizer Armeeräder 05 dabei, mit dem ein Radfahrer am Samstaglichen Convoy teilnahm und die ganze Route als einziger ohne Motor mitfuhr. Wie man aus einem Artikel des Schweizer Soldaten vom August 1999 entnehmen konnte, benötigte ich 117 Minuten dafür. Unser Gelände war zudem vorbereitet für eine Infanteriekanonenstellung, die wir von einem Bekannten hätten ausgeliehen bekommen sollen. Leider traf weder er noch die Kanone jemals auf dem Gelände ein.

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Am Samstagabend wollten wir wie fast alle Teilnehmer ins Festzelt, um an der Bar etwas zu trinken. Leider mussten wir und viele andere feststellen, dass man nur mit Ticket ins Zelt kam, da der Veranstalter ein Programm aus Livemusik und einem 3-Gang-Menü zusammengestellt hatte und man für den Eintritt extra bezahlen sollte. Teilnehmer waren vor allem politische und militärische Grössen. Etwas verärgert zogen viele von dannen. In der darauffolgenden Nacht zog ein Unwetter über das Gelände und so manches Zelt hielt dem Wind und Regen nicht stand. Die ganze Nacht über hörte man ein Hämmern und Fluchen. Am Sonntagmorgen war das Ausmass des Unwetters unübersehbar. Teile der auf Stämme montierten Lautsprecher hingen nur noch an Kabeln herunter, allerlei Material wurde durch den Sturm quer und weit über das Gelände verteilt. Auch das Hauptzelt des Veranstalters hatte den Sturm nicht ganz unbeschadet überstanden. Als die Lautsprecheranlage endlich wieder einen Ton von sich geben konnte, wurde vom Veranstalter darum gebeten, dass man doch bitte helfen solle, die Infrastruktur wieder aufzubauen, was nach dem Erlebnis des Vorabends wenig Anklang fand.

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Durch das Ereignis im Vorjahr bei der Bündner Civil War Gruppe hatten Roger und ich beschlossen, unsere Darstellung um eine weitere Epoche zu erweitern. Im Bereich der Alliierten 2. Weltkriegsdarstellung gab es kaum mehr Aktivität oder Entwicklung. In dieser Zeit habe ich sogar Teile meiner US-Sammlung verkauft. Da während des amerikanischen Sezessionskrieges viele Schweizer Auswanderer auf beiden Seiten gedient hatten, konnten wir mit unserer Darstellung eine wenig beachtete Epoche der Schweizer Geschichte beleuchten. Für uns war es recht einfach, eine passende Einheit zu finden, deren Geschichte und Darstellung wir übernehmen konnten. Das Illinois 82 Volunteer Infantry Regiment hatte viele deutsche und auch Schweizer Einwanderer in seinen Reihen. Einer der bekanntesten war Emil Johann Rudolf Frey, geboren am 24. Oktober 1838 in Arlesheim.

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Nach dem Besuch der Bezirksschulen in Therwil und Waldenburg absolvierte er das Pädagogium in Basel und besuchte die Knabenschule in Ulm. Allerdings wurde seine schulische Laufbahn von Konflikten mit Lehrern und Schulbehörden überschattet, was dazu führte, dass er kein Maturitätszeugnis erhielt. Trotz dieses Rückschlags begann er 1855 ein Studium der Agrarwissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Dieses Studium verlief nicht ohne Unterbrechungen und blieb schliesslich ohne Abschluss. Im Dezember 1860 zog es ihn schliesslich in die Vereinigten Staaten, wo er im Bundesstaat Illinois intensiv die Landwirtschaft kennenlernte.

Im April 1861, als der Sezessionskrieg in den Vereinigten Staaten ausbrach, meldete sich Frey freiwillig zum Dienst in der Nordstaaten-Armee. Er trat als Fahnenjunker in das 24th Illinois Volunteer Infantry Regiment ein, das von dem bekannten deutschen Forty-Eighter Friedrich Hecker kommandiert wurde. Im Oktober 1862 wurde Friedrich Hecker in das 82nd Illinois Infantry Regiment versetzt, und Emil Frey folgte ihm, nachdem er an zahlreichen bedeutenden Schlachten und Feldzügen teilgenommen hatte. Während der Schlacht von Gettysburg im Juli 1863 geriet Frey jedoch in die Gefangenschaft einer Einheit der Konföderierten-Armee. Er sollte die nächsten eineinhalb Jahre als Kriegsgefangener im berüchtigten Libby-Gefängnis in Richmond, Virginia, verbringen. Im Jahr 1865 kehrte Frey schliesslich in die Schweiz zurück.

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Den ersten Einsatz der neuen Uniformen und Ausrüstungen hatten wir im Oktober 1999 in Ems, erneut auf Einladung der Bündner. Christian, der bereits Mitglied der "Compagnie 1861" sowie von Rost & Grünsan und der Römischen Legio XI war, war ebenfalls vor Ort. Er hatte damals den Kontakt hergestellt und war bereits seit einiger Zeit in der Bürgerkriegsszene aktiv. Zudem hatte er uns geholfen, die Uniformen und Ausrüstungen aus den USA zu beschaffen. Als wir jedoch am Freitag begannen, unsere Ausrüstungen mit Schmutz und Erde zu bearbeiten, weil wir nicht wie frisch ausgebildete Rekruten aussehen wollten, bekam er beinahe einen Schock und konnte es nicht fassen, wie wir dieses wunderschöne Material so grob behandeln konnten. Dies sollte zu einem Running-Gag werden, immer dann, wenn wir mit Christian unterwegs waren. Es war ein interessantes Wochenende und sollte vor allem für die Zukunft wegweisend sein in Bezug auf Drill und Authentizität, die wir in den kommenden Jahren durch den Besuch grösserer Veranstaltungen in Deutschland kennenlernen durften.

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Das Jahr beendete wir wiederum mit der Barabarasammlung und den 23 Schuss aus der 7.5cm Feldkanone zu Ehren der heiligen Barbrara für den Artillerie-Verein Basel-Stadt. Im Bild Rost und Grünspan und eine Delegation der "Compagnie 1861" zu Ehren der heiligen Barbara am 4. Dezember 1999 unter dem St. Johanns Tor Basel.

Damit endet auch der 1. Teil meines Rückblicks auf die ersten Jahre meiner Zeitreise die hauptsächlich im Rahmen von militärhistorischen Darstellungen beruhte, und wie schon eingans beschrieben, hauptsächlich in analoger Fotografie stattfand, weshlab auch nicht alle Bilder so scharf sind, wie wir das uns heute gewohnt sind. 

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