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1994 - 1. Normandie Trip

Am 1. Juni 1994 ging es los. Da ich zu dieser Zeit noch keine eigene Ausrüstung und Uniform besass, wurde mir ein grünes Panzerkombi mit Mütze zur Verfügung gestellt. Die komplette Uniform konnte man damals noch nicht einfach im Netz kaufen, also musste ich auf das Einkleiden warten, bis wir in der Normandie waren.

 

Die Reise von Basel in die Normandie sollte drei Tage dauern und über Land gehen. Der Konvoi von etwa 30 Fahrzeugen aus der Schweiz und der elsässischen Sektion der "Federation Francais des Groupes de Conservation de Vehicule Militaires" (kurz MVCG) kam vor allem am ersten Tag aufgrund von Pannen an den wenig bewegten Militär-Oldtimern kaum vorwärts. Am ärgerlichsten war es für einen Sammler aus der Schweiz. Er hatte seinen Jeep gerade noch rechtzeitig für die Reise fertiggestellt. Kurz nach Basel lief der Motor jedoch nicht mehr auf allen Zylindern. Nach mehr als einer Stunde erfolgloser Fehlersuche wurde keine Lösung gefunden. Man entschied kurzerhand, in die Schweiz zurückzufahren und dort einen Dodge Ambulance zu nehmen und die Nummer des Jeeps an dem anzubringen, um damit in die Normandie fahren zu können. Nach der Rückkehr in die Schweiz nach dem Trip  stellte sich heraus, dass lediglich die Zündung verstellt war. Sehr ärgerlich für den Besitzer des Jeeps.

Für mich als 21-Jährigen war es eine tolle Erfahrung, auch wenn ich zu dieser Zeit kaum etwas über das Hobby wusste. Die Mitglieder des MVCG trugen zwar historische Uniformen und Ausrüstungen, waren jedoch hauptsächlich Fahrzeugsammler und Liebhaber, keine Reenactoren. Sie sahen sich auch nicht als solche, bzw. den meisten war der Begriff unbekannt. Als Neuling spielte das Ganze für mich noch keine Rolle. Ich kannte ja noch nichts anderes. Auch sonst wurde Authentizität nicht grossgeschrieben. Gegessen wurde meist aus nicht zeitgenössischen Tellern und anderem Geschirr. Modernes Material zu verstecken kannte man nicht, und es störte soweit auch niemanden.

 

 

 

 

 

Abendessen irgendwo im Frankreich in der ersten Nacht des Trips in die Normandie im innern einer Dodge Ambulance. 

Pause am Strassenrand. Durch die grosse Anzahl an Fahrzeugen die sich dem Convoy angeschlossen hatten, kam es immer wieder zu verzögerungen wegen Pannen und Fahrzeugen, die auf der Route sich verfahren hatten. Navigationsgeräte gab es 1994 noch keine.

Am Samstag, den 3. Juni 1994, erreichten wir das Basislager in Sully, nordwestlich von Bayeux, in dem es nur so von Fahrzeugen und Zelten wimmelte. Im Zentrum sollte ein grosses 4 Mater zelt zu stehen kommen für 30 Personen, die darin übernachten sollten. Effektiv schliefen aber nur 3 Mitgieder darin, da viele ihre eigenen Zelte mitgebracht hatten. Nach dem Aufbau des Lagers ging es ans Einkleiden. Bei einem Händler in der Scheune auf dem Gelände wurde ich eingekleidet. Für rund 700,00 CHF konnte ich mir eine komplett originale US-Infanterieuniform kaufen, mit Senfhose, Hemd, M41-Jacke, Service Boots, Gamaschen, Overseas Cap, M1-Helm, Pistol Belt M36 mit Feldflasche und Verbandspaket. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, was das Material heute wert wäre. Im Laufe der Woche besuchte ich immer mal wieder den Shop und kaufte mir einen britischen Brodiehelm Mk2 mit Tarnnetz von 1941 für 40 Franc, damalige 10,00 CHF.

Meine Wenigkeit als US GI vor der Parade durch Bayeux am 6. Juni 1994.

  

Am 3. Juni wurde mittels Tieflader dieser Sherman Panzer M4 zum Camp gebracht. Zum ersten mal sah ich eine  der bekannten Panzer der Alliierten Truppen live. Im Camp wurde erzählt, dass der Panzer während des Krieges im Einsatz stand und von unterschiedlichen Waffen beschossen wurde, weshalb so viele kleinere Einschüsse zu sehen waren. 

Am 5. Juni ging es nach Sainte-Mère-Église, wo ausserhalb ein grösserer Fallschirmabsprung stattfand. Dazu wurde extra die Autobahn gesperrt und als Parkplatz verwendet.

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Der Höhepunkt der Woche war wohl die Teilnahme an der Parade zum Jubiläum der Befreiung de Stadt am 6. Juni in Bayeux. Leider kann ich mich nicht mehr ganz erinnern wieviele Fahrzeuge daran teilnahmen, wir fuhren jedoch eine ganze Weile an am Strassenrand abgestellten Fahrzeugen vorbei, bis wir schlussendlich an unserem Platz angekommen waren. Während wir auch den Start der Parade warteten wurden wir in ein Mehrfamilienhaus eingeladen um Wein zu trinken und Käse zu essen. Das Angebot nahmen wir gerne ein, da es doch fast 2 Stunden ging, bis wir ebdlich losfahren konnten.Obschon Bayeux die erste befreite französsische Stadt am D-Day war, rollten an der Parade mehrheitlich US Fahrzeuge. Teile der 50th Northumbrian Divison, vom Strandabschitt kommend hatten Bayeux am 7. Juni 1944 befreit. Die Strassen waren gesäumt von tausenden von Zuschauern und das vorankommen ging nur sehr langsam voran. 

Zeitreise Teil 1_22Der Rest des Tages sowie des Folgetages mussten wir leider im Lager bleiben. Wegen der vielen Staatsbesuche und offiziellen Feierlichkeiten waren ganze Strandabschnitte und Gebiete grossflächig abgesperrt worden und ein Durchkommen war nicht möglich. 

Dafür wurde am 7. Juni im Lager Sully nachgestellte Szenen für eine französische Dokumenation zum D-Day gedreht, zu welcher sich auch Jean-Paul Belmondo gesellte. Die Teilnehmer in Airborne Uniformen mussten den ganzen Vormittag auf einer im Lager vorgegebenen Route im Kres laufen.

Links: Jean-Paul Belmondo am Dreh im Camp Sully. Rechts: Meine Wenigkeit in meiner ersten Uniform eins US GI.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Am 8. Juni ging es nach Ranville zur damals noch originalen Pegasusbrücke. Trotzt Feierlichkeiten hatte es kaum Besucher vor Ort. Das heutige Museum gab es damals noch nicht. Danach ging es weiter nach Ouistreham, wo wir das Bunkermuseum der Ortschaft besuchten, und weiter in die andere Richtung, zum ehemligen künstlichen Hafen von Arromanches-les-Bains und nach Port-en-Bessin im Abschnitt Omaha, wo ein neu eröffnetes Museum Panzer der US-Truppen ausgestellt hatte, die bei der Landung gesunken waren und nun nach 50 Jahren gehoben wurden.

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Links - Pegasusubridge bei Ranville. Rechts - Arromanches-les-Bains - Überreste des künstlichen Hafens, welche aus sogennanten Mulberrys bestanden. Die 50. britische Infanteriedivision, die dort am 6. Juni landete, eroberte Arromanches noch am selben Abend. Am nächsten Tag begann der Bau, indem alte Schiffe versenkt wurden, um eine Hafenmole zu bilden. Am 14. Juni war die erste schwimmende Strasse einsatzbereit. Insgesamt gelangten bis zur Schliessung am 19. November 1944 529.000 Tonnen Material durch Arromanches. Es war eine bemerkenswerte technologische Leistung, die sich im Rückblick als unnötig und sehr kostspielig erwies. Die Alliierten schafften es, mehr Männer, Fahrzeuge und Güter über eine Reihe kleiner Normandiehäfen und sogar direkt an den Stränden zu landen.

Vor der Rückfahrt konnten wir doch an den Landeabschnitt Omaha fahren. Am 9. Juni ging es früh los. Ziel war Colleville-sur-Mer. Der US-amerikanische Friedhof oberhalb von Strandabschnitt Omaha (Sektoren Fox Green und Easy Red) ist die letzte Ruhestätte von 9.386 gefallenen US-Soldaten. Schon am 8. Juni 1944 wurde dort der erste Friedhof angelegt. Von dort aus fuhren wir weiter zum Pointe du Hoc und danach nach La Cambe auf den Deutschen Friedhof, auf dem 21.160 gefallene deutsche Soldaten liegen.

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Vor allem die beiden Friedhöfe waren sehr eindrucksvoll und hatten einen sehr grossen Einfluss auf meine weiteren Tätigkeiten und meine Einstellung zum Hobby. Der Grossteil der dort liegenden Gefallenen war kaum älter als ich zu der Zeit. Auf dem deutschen Friedhof lagen zudem viele, die keine 20 Jahre alt waren. Ich konnte mir kaum vorstellen, was all diese Gefallenen, aber auch die Überlebenden durchgemacht haben. Deshalb kann ich bis heute nicht verstehen, weshalb man aus Gedenkveranstaltungen eine Gaudi machen muss. Wer eine historische Uniform trägt, hat eine Verantwortung gegenüber der Geschichte und sollte die Darstellung mit Würde tun, im Gedenken an die jungen Menschen auf der ganzen Welt, die für die Freiheit und den Frieden gekämpft haben. Diese Einstellung sollte mir in den kommenden Jahren immer mal wieder Probleme mit anderen Darstellern bereiten. 

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Nach der Rückkehr verschlang ich eine ganze Menge Literatur. Ich wollte dringend mehr über Uniformen und Ausrüstungen der Alliierten Truppen in Erfahrung bringen. Neben den US-Uniformen hatten es mir vor allem die britischen Uniformen angetan. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für englische Geschichte. In dieser Zeit lernte ich auch Roger kennen, der britische Uniformen sammelte. Er war schon eine Weile in der Szene und war mit einer englischen Gruppe Namen "Victory Association " ebenfalls in der Normandie. 

Mit seiner Hilfe suchte ich nach und nach eine britische Uniform und Ausrüstung zusammen. Als Lieferanten dienten hauptsächlich Kontakte zu anderen Sammlern und Verbindungen aus dem Militaria-Magazin aus Frankreich. So kam es auch vor, dass wir beide um Mitternacht am Basel SBB in einen TGV nach Paris bestiegen, um dort in verschiedenen Militariashops einzukaufen. Paris war zu der Zeit ein Mekka für Sammler. Es gab dort eine ganze Fülle an Militariashops, welche allerlei an den Sammler versichten zu bringen. Es war unwahrscheinlich was es alles zu kaufen gab. Gegen 15 Uhr bestiegen wiederum, mit einem vollgepackten Seesack, den TGV nach Basel. Viele der damalig gekauften Teile sind heute noch in meinem Besitz und Teil meiner Sammlung.

 

Eine der damals gekauften Battle Dress Jacken der Durham Light Infantry sollte der Grundstein für die aktuell älteste in der Schweiz aktive 2. Weltkriegs Reenactment Gruppe werden. Die 6th Bn. Durham Light Infantry reenactment Group Switzerland.

 

 

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